3 Fragen an... Julian Maier-Hauff

Eman EP-Release am 29. Juli 2016

Julian Maier-Hauff - analog elektronisch, verspielt akustisch und vor allem eins: live. Als einer der wenigen in der elektronischen Szene improvisiert der mittlerweile in Freiburg lebende Julian grundsätzlich. Er produziert jeden hörbaren Klang im Moment. Der studierte Jazztrompeter ist Quereinsteiger im Bereich der elektronischen Musik. Aus der improvisierten Kunst kommend, überträgt er das System des freien Spiels auf den elektronischen Klangapparat. Sein Sound ist echt, handgemacht, charakteristisch, vielseitig, authentisch und treibend. Frei von Computern und vorbereiteten Tracks wandelt er die Eindrücke des Augenblicks direkt in (zumeist) tanzbare Beats. Größtenteils angereichert um Klänge zahlreicher Instrumente.

Seit du dein Musikstudium abgeschlossen hast, vernahm man immer mal wieder karrieretechnische Wasserstandsmeldungen die aufhorchen ließen. Zuletzt dein Gig auf dem Sea You Festival, der den abgesagten Slot von Agoria gefüllt hat. Wie ist da die eigene Einschätzung? Welche Ereignisse aus den vergangenen Jahren haben deine musikalische (Weiter-)Entwicklung entscheidend geprägt?
Ich denke, dass es die Summe aller Ereignisse ist, die einen voran bringt. Natürlich sind Projekte wie die Zusammenarbeit mit der Jungen Norddeutschen Philharmonie als Featureguest oder das Samstagsopening der Tanzwüste auf der Fusion die Konzerte, welche von der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden, aber sie funktionieren nur, wenn man auf seine Erfahrung vom ganzen Drumherum aufbauen kann.

Wie kam es dazu, dass du nach Jahren als Studio- und Tourmusiker für u.a. Samy Deluxe, Manu Chao, Robot Koch und Irie Révoltés nun doch eine eigene EP auf dem Berliner Springstoff Label veröffentlicht hast? Wieviel Zeit, Planung und Arbeit steckt in einem solchen Release?
Nunja, um ehrlich zu sein, war es lange nicht mein Plan meine Musik festzuhalten. Da ich beim Live-Spielen immer improvisiere, wollte ich nicht die Erwartungen wecken, dass etwas von dem, was man von einem Tonträger kennt bei einem meiner Sets zu hören sein wird. Da mein Label jedoch zu recht gesagt hat, dass es Material braucht, um damit arbeiten zu können, habe ich am 5. Februar 2016 eine EP aus 12 improvisierten Tracks released. Das ging fix - diese EP war in zwei Tagen fertig. Für mich war nun die Frage, wie ich das Ganze auf das nächste Level heben kann. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, den „Produzenten“ Julian Maier-Hauff vom Live-Performer abzukoppeln, um so ein interessanteres und filigraneres Ergebnis zu erzielen.
An der jetzigen EP saß ich ca. zehn Tage. Danach habe ich das Ganze noch mit einem Freund, Caspar von Back Yard Mastering, gemischt und an Featuregäste für Vocals und Gitarre weitergegeben. Und was dabei raus kam, kann man ab dem 29.07.2016 hören.
Energie kostete vor allem das Recorden und Arrangieren, sprich das lebendig halten. Das kannte ich noch nicht vom Live-Spielen. Ein Stück zigmal hören zu müssen und sich über Klänge und Arrangement ewig Gedanken zu machen, war ich nicht gewohnt. Aber es macht Spaß, wenn man im Modus ist. Die nächste EP ist übrigens schon längst in Arbeit und wird wieder etwas ganz anderes.



Was hast du vom Produzieren ins Live-Spielen mitgenommen? Wo sind die Gemeinsamkeiten und wo die größten Unterschiede?
Ich denke, man kann das sehr gut mit kochen vergleichen. Produzieren ist kochen mit der Möglichkeit einkaufen zu gehen. Man kann die absurdesten Kombinationen ausprobieren und lernt dabei sehr gut, was man mag und was man nicht mag. Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass das Essen nicht zu künstlich wird, sonst schmeckt es nicht. Live spielen hingegen ist: Sonntag - Kühlschrank auf - reingucken - was habe ich da und was kann ich damit machen.
Ein guter Koch sollte für mich beides können. Aus wenigen Zutaten mit seinen Skills ein gutes Gericht machen und aus etlichen Zutaten gut wählen, um eigene Kreationen herzustellen.
Damit meine ich, dass mir mit einigen wenigen musikalischen Elementen live eine Stimmung zu erzeugen genauso wichtig ist, wie durch tagelanges tüfteln im Studio eine Atmosphäre zu schaffen, in die man gerne eintaucht.
Durch das Produzieren habe ich nochmal viel darüber gelernt, welche Klänge ich mag und bin minimalistischer geworden. Weniger Füllmaterial, weniger Geklapper und lieber eine fette Bassline und eine Kick, die perfekt zueinander passen, als 300 Elemente zu verwenden, von denen keins wirklich prägnant hervorsticht.

Matthias Boksch