Torsten Kanzler – This Is Techno!

Das einzige was mich etwas traurig macht, ist die Schnelllebigkeit der Szene
torsten kanzler

Der Kanzler ist zurück! Naja, eigentlich war der Wahlberliner Torsten Kanzler ja nie weg, aber Anfang des Jahres ist das neue Album "Analog System" auf Abstract Records erschienen. Banging Techno Sound at it's best! Den gibt es auch am 02. Oktober im BalzBambii und dem Hans Bunte Areal, wenn Torsten Kanzler zur Electronic City in Freiburg anreist. www.torstenkanzler.de

 


Hey Torsten! Dein neues Album „Analog System“ ist seit Ende April auf Beatport erhältlich. Mit dem Album hast du bereits im Februar 2014 angefangen, doch die Arbeit war zu Beginn für dich nicht wirklich zufriedenstellend. Mit Synthesizern, Drum Boxen und Sequenzern ausgestattet wurde das Album quasi nochmal komplett neu aufgestellt. Welcher Problematik sahst du dich beim Entstehungsprozess ausgesetzt?
Ich hab mich lange gegen analoge Klangerzeugung gewehrt, weil ich der Meinung war, dass ich mit guter Software genauso gut zum Ziel komme. Im Nachhinein muss ich sagen, dass dies nur bedingt richtig ist. Irgendwie hatte ich nach über 15 Jahren Software-Produktion das Gefühl festgefahren zu sein. Also beschloss ich, inspiriert von meinem Studionachbarn Pierre, mit dem ich auch das Elematic Live Projekt mache, mein Album Analog zu Produzieren. Da ich aber ein Neuling im analogen Bereich war, musste ich mir erst einmal Gedanken machen, welche Geräte für mich infrage kommen. Der Markt bietet da einfach unendliche Möglichkeiten.

Gehst du in Momenten einer kreativen Durststrecke oder Unsicherheit auch gezielt auf Freunde und Kollegen zu, um eine professionelle und ehrliche Meinung zu erhalten oder machst du so etwas lieber mit dir selber aus? 
Bei kreativen Durststrecken hilft nur eine kreativ Pause. Entweder nehme ich mir dann einfach eine Auszeit mit der Familie, schnappe mir mein Mountainbike und radele ins Gebirge, oder ich packe meine Tauchsachen ins Auto und dann ab ins Wasser. So bekomme ich den Kopf am ehesten frei für neue Ideen.

Wie ist deine grundsätzliche Herangehensweise beim Produzieren? Versuchst du nach Möglichkeit Tracks am Stück fertig zu machen oder legst du manche Prototypen auch gerne mal zur Seite um später vielleicht mit einem anderen oder neuen Ansatz daran weiter zu arbeiten?
Das ist unterschiedlich, oft fange ich aber mit der Bassdrum an und bekomme dann meist schon ein Gefühl für das nächste Element. Ich hatte früher oft das Problem, dass ich mich an Sachen festgebissen habe. Ich saß dann stundenlang an einer Bassdrum oder Ride um am nächsten Tag doch alles wieder zu verwerfen. Inzwischen habe ich mir angewöhnt, wenn ich mit einem Track nicht weiter komme, ihn beiseite zu legen und etwas Neues anzufangen. Wenn mich der Track zwei Tage später immer noch nicht packt, wandert der Track in den Papierkorb.

Gab es auch einen Punkt an dem du an dir selbst gezweifelt hast? Oder sind es gerade diese Momente, die einen Produzenten in der Entwicklung voranbringen indem man spürt, dass man eine Veränderung braucht?
Nein, den gab es nicht. Wenn ich merke, dass ich auf der Stelle trete, ziehe ich los und ändere etwas. Nur so kann ich mich auch weiterentwickeln.

Wie würdest du selbst dein neues Album beschreiben?
Techno.

Mit Killaz, TK Records und Error betreibst du selbst erfolgreich drei Labels. Warum hast du dein neues Album auf Abstract und nicht wie deine Vorherigen auf Killaz veröffentlicht?
Mein letztes Album, „N8Rider“ kam auch schon auf Abstract. Davor hab ich mein „Bumm Bass Tick“ Album auf TKR gemacht. Killaz ist schon sehr lange her und hat nichts mit meinem aktuellen Sound gemein, deshalb gibt es dort auch keine Releases. Abstract ist die Agentur, für die mein Herz schlägt und obendrein ein starkes Techno Label. Mein nächstes Album kommt auf jeden Fall wieder auf TK Records. 

Welche grundsätzlichen Funktionen und Ausrichtungen haben deine Labels für dich?
Mit TK Records habe ich die Möglichkein die Musik, die ich mag, ob von Freunden oder mir selbst jedem zugänglich zu machen. TKR steht klar für Techno, genau wie Torsten Kanzler.

Vor 10 Jahren hast du mit „Der Kanzler kommt“ dein erstes Album veröffentlicht. Verglichen mit deinem aktuellen Longplayer „Analog System“ - wie siehst du deine persönliche und musikalische Entwicklung in der letzten Dekade?
Ist das schon 10 Jahre her? Krass, wie die Zeit vergeht. Ich habe mich ganz gut weiter entwickelt, würde ich sagen ;)

Eine rasante Entwicklung gab es in den letzten 10 Jahren vor allem im Bereich des digitalen Produzierens. Wie stehst du zu der technischen Revolution und siehst du auch Nachteile dieser stetigen Digitalisierung?
Es gibt immer Vor- und Nachteile. Ich habe zwar mein Album Analog produziert aber ich nutze sonst selber auch Software Klangerzeuger und ich habe damit riesen Spaß beim Produzieren, darauf kommt es doch an. Das einzige was mich etwas traurig macht, ist die Schnelllebigkeit der Szene. Da es heute sehr einfach ist, sich ein Samplepack auf Beatport zu kaufen und damit beispielsweise in Ableton ein Track zu basteln, wächst der Markt an neuen Produzenten rasant und sorgt für Releasefluten auf den Downloadportalen, wodurch ein Track lange nicht mehr die Wertigkeit hat wie damals, als man noch selber Hand an die Instrumente legen musste.

Du bist ja keineswegs ein reiner Hard-Techno Verfechter sondern beschäftigst dich mit Techno in all seinen Facetten. Hattest du jemals in deiner bisherigen Karriere das Problem einer gewissen Stigmatisierung deiner Person durch den Begriff Hard-Techno?
Ich bin eher gar kein Hardtechno Verfechter. Für mich steht Torsten Kanzler ganz klar für Techno. Ich denke, dass man dies auf meinen letzten drei Alben und zahlreichen Sets gut hören kann. Für mich war es nie wichtig, wie andere meine Musik nennen.

Seit 2007 bist du ein festes Mitglied der Abstract Familie. Kannst du uns kurz erzählen was dich an Abstract gereizt hat? Und denkst du, dass Abstract auf gewisse Art und Weise eine neue, harmonische Welt zwischen Techno und Hard-Techno geschaffen hat?
Du sagst es ja schon, wir sind eine Familie und da fühlt man sich einfach wohl. Abstract steht eindeutig für Techno. Das sagt ja auch schon der Abstract Claim „this is techno“. Wir distanzieren uns auch vom dem Schubladendenken. Egal wie man das denn nun genau nennt, es geht um die Emotion die Musik auslöst. Man muss nicht alles Kategorisieren.

Kommen wir zur aktuellen Lage der Nation. Wie hat sich in deinen Augen die deutsche Techno-Szene in den letzten Jahren entwickelt?
In Deutschland hat sich in den Vergangenen Jahren die wohl größte Techno-Szene der Welt entwickelt. Ich kenne viele DJs, Labels und Agenturen in den vergangenen Jahren nach Berlin gezogen sind um von hier aus zu arbeiten. Länder wie Italien oder Frankreich sind uns da aber dicht auf den Fersen. Ich konnte in den letzter Zeit schon einige sehr tolle Clubs und Events dort bespielen, das ist echt der Hammer ;)

Auch deine Kanzlernächte im Berliner Tresor sind seit knapp 10 Jahren ein nicht mehr weg zu denkender Teil der Techno-Szene. Hast du selbst mit dieser Entwicklung gerechnet und was bedeutet dir selbst die Wertschätzung, die deine Eventreihe weltweit erfährt?
Die Kanzlernacht im Tresor gibt es nicht mehr. Es wird jedoch außerhalb von Berlin die ein oder andere Kanzlernacht veranstaltet. 

Spielst du persönlich lieber auf großen Festivals wie der Mayday oder Nature One oder bevorzugst du Club-Gigs?
Jedes hat für sich einen besonderen Reiz. In erster Linie liebe ich es, hinter den Decks zu stehen und Menschen mit meiner Musik zu begeistern.

Zu guter Letzt – möchtest du noch etwas loswerden, jemanden grüßen oder ein Statement abgeben?
Ich grüße natürlich alle meine Fans, ohne die ich nicht da wäre, wo ich jetzt bin und vergesst nie, Torsten Kanzler – this is techno!!!

Torsten Kanzler performt am 2. Oktober im Rahmen der Electronic City im Hans Bunte Areal Freiburg.

 

 

Christian Schmidt