Drei Fragen an: Carmelo „Chico” Policicchio - Konzertveranstalter zwischen Missionierung und Liebhaberei

Swamp: Cold Beer. Good Music.

Seit Mai 1993 betreibt Carmelo Policicchio das Swamp an der Freiburger Talstraße - ein beliebter Treffpunkt für Leute, die beliebte Treffpunkte hassen. Hier erfreuen sich Spexleser und Fußballfachsimpler gleichermaßen an Trainingsjackenmusik und ehrlicher Gastronomie. Der Wirt der - wir machen das jetzt einfach mal, wir nennen sie - Kultkneipe, ist seit Jahr und Tag Organisator vielbeachteter Indiekonzerte. Gleichermaßen liebevoll selektiert, der Soundtrack zum Barbetrieb.



Die von Dir geladenen Bands internationaler Herkunft spielen meist im Swamp, manchmal im Slow Club, White Rabbit oder im Räng Teng. Wie findet die musikalische Selektion unter Berücksichtigung von Gage, Reisekosten und Kapazität der recht kompakten Venues versus dem Freiburger Eintrittspreis-Limbo statt?
Das genau ist die Selektion: Wieviel kostet die Band inklusive Hotel, Techniker, Versorgung, GEMA-Gaunern und Promokosten? Was brauche ich, um das rein zu holen.
Noch versuche ich bei den meisten Bands mit 12 Euro Eintritt zu kalkulieren, aber klappt halt nicht immer. Natürlich muss mir der Act auch gefallen, aber die Hauptsache ist, dass das Publikum mit einem guten Gefühl raus geht. Und manchmal spielt die Kapazität der erwähnten Locations eine Rolle und auch die Art der Musik: Rock’n‘Roll oder Country infizierte Musik passt besser ins Räng, Postpunk oder eher experimentelle Gigs in den Slow Club.



Stichwort Bandförderung. Siehst Du ähnlich dem beklagten Proberaummangel ein Defizit in Freiburg, was Austragungsstätten und aktive Veranstalter für/von kleinformatigen Konzerten anbelangt?
Schwierige Frage für mich. Ich habe so viele internationale Anfragen von Bands, die gute Platten veröffentlicht haben, schon lange touren und einen echten Namen haben, dass ich mich tatsächlich, ohne arrogant wirken zu wollen, kaum um lokale Gruppen kümmern kann. Denen man im Übrigen auch Unrecht täte, wenn man sie an diesen, ich nenne sie jetzt einfach mal professionellen Musikern, messen würde. Also zumindest quantitativ gibt es, mit oder ohne Proberäume, enorm viel hier in Freiburg. Und tolle Musik setzt sich mit oder ohne Proberaumproblematik durch.



Sponsored Question: 18. Oktober 1000 Gramm (SVE, D, A), 26. Oktober Lewsberg (NL), 25. November Triptides (USA), 7. Dezember Saintseneca (USA) und am 15. Dezember Great Lake Swimmers (CA) - damit hast Du ja ordentlich was auf der Agenda! Leser X kann aber leider nur ein Konzert besuchen. Wie soll er sich nur entscheiden? Und warum?
Da fehlen in der Aufzählung ja noch etliche - unter anderem Lewsberg, der großartige Joel Sarakula oder der Nino aus Wien. Von daher soll sich Leser X die unterschiedlichen Bands anhören und dann entscheiden.
Aber wenn Tipp, dann vielleicht die Belfaster Band Girls Names, die am 10. November spielen. Amtlicher Postpunk von einer Band, die mit ihrem düsteren Sound an Joy Division erinnert und die man nicht so oft in kleinen Läden wie dem Swamp zu sehen bekommt.

> Swamp, Talstraße 90, 79102 Freiburg, www.swamp-club-freiburg.de

 

Thorsten Leucht