Interview: Laing über Bandgefüge, Kleinstädte und Kunstperformances

Live am 07. März @ Between The Beats Festival Lörrach
Vier Frauen, schwarze Leggins, schwarzes Top, Betonwand, barfuß, Luftschlangen, Konfetti

Mit ihrer Multimedia-Performance aus Bühnenchoreographie und dem außergewöhnlichen Crossover aus Minimal-Elektro, Pop und R’n’B, verbunden mit einer filigranen Sprachästhetik demonstrierte Laing eine Art von Neuer Deutscher Unverkrampftheit, die den Berlinerinnen in der Folgezeit ausverkaufte Konzerthäuser sowie eine absolute Ausnahmestellung innerhalb der Szene bescherte.
Laing leben vom Kontrast, dem Clash, den Ecken und Kanten; textlich wie auch musikalisch. Gebrochener Charme mit zackigem Beat und messerscharf geschliffenen Lyrics.

Wo liegt bei euch der Unterschied zwischen Gigs in großen Städten wie München oder Köln zu denen in kleineren Städten wie Lörrach?

Gigs in kleineren Städten sind oft intimer und es macht Spaß, das Publikum so nah vor sich zu haben. Dann fängt man an, zurück zu beobachten und sieht wie die Leute mitsingen und abtanzen. Je mehr sie sich dabei vergessen, desto mehr Spaß macht es, ihnen zuzugucken. Es gibt aber auch Fans, die sich in die ertse Reihe stellen und regungslos, mit unbewegter Miene und feierlichem Ernst die ganze Show einfach nur da stehen. Das fanden wir am Anfang immer ein bisschen irritierend, haben dann aber gemerkt, dass genau solche Leute dann beim nächsten Mal oft wieder da stehen. Ist einfach ihre Art zu genießen. In Großstädten sieht man das Publikum meistens nicht so gut, weil die Clubs größer sind. Mehr Leute entwickeln dafür aber schneller eine Dynamik, weil sie sich gegenseitig aufschaukeln. Das putscht uns dann auch auf ein anderes Level, weniger intim, mehr Stadion. Hat beides seinen Reiz!

„Paradies Naiv“ und „Wechselt die Beleuchtung“ sind in einem für heutige Verhältnisse kurzen Zeitraum hintereinander veröffentlicht worden. Habt ihr so einen großen kreativen Druck?
Druck klingt so unangenehm, eher Bedürfnis. Wenn man viel auf der Bühne steht, kriegt man auch schneller Lust auf neue Songs, weil man so bald wie möglich wiederkommen will mit neuen Geschichten.



Was ist euch am wichtigsten? Songwriting, Produktion oder Performance?
Das ergibt sich ja jeweils aus dem anderen, das gehört irgendwie zusammen. Aber am wichtigsten ist natürlich immer erstmal ein guter Song, sonst kann man sich das andere auch sparen.

Wie viel Berlin steckt in eurer Musik?
Schwer so etwas selber zu beurteilen; eigentlich sind es meist zwischenmenschliche Konstellationen, um die es in den Songs geht, Beziehungen im allerweitesten Sinne - die gibt es nicht nur in Berlin, sondern auch in Lörrach. Natürlich haben wir ein bisschen Großstädter-Gehabe, aber - ob das typisch Berlin ist? Könnte auch aus Frankfurt, Köln oder Hamburg sein, glaube ich.

Nervt euch der Berlin-Hype?
Nein. Ist doch schön! Muss man nicht so weit fahren.

Habt ihr eine besondere Beziehung zu Trude Herr?
Naja, wir haben ein Lied gemeinsam. Das verbindet natürlich ungemein. Aber zu ihrem restlichen Schaffen haben wir jetzt ehrlich gesagt keine besondere Beziehung. Sie war schon echt eine besondere Type, ziemlich kernig; aber die ganzen anderen Schlager und Filme von ihr sind jetzt nicht unbedingt so zeitlos wie "Ich bin morgens immer müde".



Wie wichtig sind euch Texte?
Bei Laing sehr wichtig: Musik, Gesang und Performance richten sich eigentlich immer nach der Geschichte, die der Text erzählt.

Ist Electric Ladysound in erster Linie Tanzmusik?
Nein, nicht in erster Linie. Live ist der Schwerpunkt auf jeden Fall auf Tanzen, auf Platte gibt es aber auch andere, ruhigere Facetten.

Könnte auch eine reine Herrenkapelle Electric Ladysound machen?
In dieser Schublade ist auf jeden Fall noch Platz, immer hereinspaziert, die Herrschaften!

Habt ihr einen festen Ablauf der Konzerte oder ändert ihr eure Setlists jeden Abend?
Auf Festivals spielen wir oft wechselnde Sets, auf Tour haben wir meist einen festen Ablauf. Wenn sich Songs erstmal als gute Nachbarn herausgestellt haben, ändert man die Reihenfolge nicht mehr, weil eine gute Dynamik im Set Spaß macht. Es ist auch schön, sich in einer Show irgendwann so "auszukennen", dass man sich aufs Genießen konzentrieren kann und nicht immer überlegen muss, was als nächstes kommt und ob man gerade irgendeine Choreo-Einlage verpeilt.

Woher kommen die Ideen für eure Musik?
Die Texte ergeben sich meistens aus dem, was man so sieht und erlebt, und die Musik dazu probiert man so lange aus, bis sie passt.

Wie wirken sich Umbesetzungen auf ein Bandgefüge aus?
Im Kern sind wir ja eine ziemlich solide, alteingesessene Besetzung: Johanna, Marisa und ich machen in dieser Konstellation seit sechs Jahren zusammen Musik. Unsere vierte im Bund war zuerst Susanna Berivan, dann Atina Tabé, die beide die Gruppe verlassen haben, weil Laing irgendwann zu zeitaufwendig wurde neben ihren eigenen Musik- und Theater-Projekten. Umbesetzungen sind natürlich immer ein kleiner Neuanfang, weil jede „Neue" einen anderen Wind und eine andere Stimme mit in die Gruppe bringt. Bisher hatten wir aber immer ein sicheres Händchen bei der Auswahl und sind jetzt seit einem Jahr (und hoffentlich noch viele weitere) sehr glücklich unterwegs mit Larissa Pesch!

Was ist das Beste daran eine von „Laing“ zu sein?
Drei charmante Kolleginnen neben sich zu haben.

Inwiefern sind eure Konzerte Partys und inwiefern sind sie Kunstperformance?
Wenn Leute wie auf guten Partys sich selbst vergessen und zu lauter Musik tanzen und singen, sind wir froh - wenn sie wie nach einer Kunstperformance inspiriert oder berührt sind, auch. Beides ist natürlich der Idealfall.

Schließt sich das gegenseitig aus?
Nein.

Was ist nach dem Gig das Allerwichtigste hinter der Bühne?
Nichts liegenlassen bei der Abreise. Klappt fast nie.

Laing performen im Rahmen des „Between The Beats“ Festivals am 07.03.2015 in Lörrach.
www.between-the-beats.de

WIN! Wir verlosen 3 x 1 Festivalticket. Zur Teilnahme sende „Sidestreamer“ an win@subculture.de.


Interview mit Nicola Rost (Laing): Tom Lissy und Jan Obri

 

 

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