Interview: Marc DePulse

Marc DePulse aka Marcel Sterling ist einer der Vorreiter der elektronischen Musikwelle aus dem Osten Deutschlands. Viele seiner Releases auf dem Label Ostwind sind bereits mit dem Gütesiegel „Klassiker der 00er Jahre“ in Plattensammlungen auf der ganzen Welt vertreten.
Nun hat er zusammen mit Boe van Berg ein neues Live-Projekt ins Leben gerufen. Der charmante Crossover aus Akustik, Pop und Tech-House trifft den Zeitgeist. Anlässlich seines Gigs in der Freiburger Jackson Pollock Bar hat Marc uns einige Fragen beantwortet.
DB

Hallo Marc, stell dich doch unseren Lesern mal in Kürze vor. Wer ist Marc DePulse? Wie würdest du deinen Sound beschreiben? Welches Ideal steckt dahinter?
Hinter Marc DePulse steht Marcel Sterling aus Leipzig, das bin ich - hallo liebe Leser. Ich produziere seit 15 Jahren meine eigene Musik, habe damals mit etwas härteren Klängen begonnen und mich nun über die Jahre musikalisch in minimaleres Fahrwasser begeben. Mein Sound ist dennoch schwer einzugrenzen. Ich lasse mich ungern in irgendein Schema drücken, ich mache ausschließlich die Musik, die mir gerade gefällt. Grob kann man schon sagen, dass sich alles im Bereich Tech-House, Deep-House bewegt. Mal mehr Tech, mal mehr House. Aber da sind die Grenzen ja mittlerweile fließend.

Für sehr viel Furore hat in den letzten Monaten dein Live-Projekt mit Boe van Berg gesorgt. Wie habt ihr euch kennengelernt und was ist die Idee hinter diesem Projekt?
Kennengelernt haben wir uns über drei Ecken, aber unterm Strich doch über das Internet. Die Zusammenarbeit begann mit „Westbalkon“, als ich Boe eine Idee von mir geschickt habe, zu der ich zu ihm meinte „Ich glaub hier fehlen ein paar geile deutsche Vocals drin, probiere doch mal was!“ Am nächsten Morgen, früh um fünf, hab ich dann eine SMS bekommen: „Check deine Mails, der Track ist fertig“... herrlich! Mittlerweile sind wir natürlich schon ein großes Stück weiter, haben etliche Remixe und eigene Tracks produziert, sind schon viel zusammen durch die Städte getourt und arbeiten jetzt auch am ersten gemeinsamen Album zusammen. Seit Beginn dieses Jahres sind wir auch zu dritt unterwegs. Boe van Berg bestehen ja ursprünglich aus zwei Leuten: Boe singt und Ad begleitet uns mit der Gitarre. Das wird Freiburg ja am 11. Mai bewundern können. Gerade die tollen Gitarrensolos bereiten selbst mir immer wieder eine Gänsehaut! Ich denke, dieser unverkennbare Sound mit Boes Stimme ist noch etwas Einzigartiges in unserer Szene. Mit Gesang arbeiten ja nicht viele und dann auch noch konsequent deutsch - das gibt unserer Musik schon das gewisse Etwas.

Du kommst gebürtig aus Leipzig und wohnst auch heute noch dort. Auffällig ist, dass es in Ostdeutschland immer mehr Produzenten und Labels gibt, die internationale Erfolge feiern. Gibt es so etwas wie eine Magie dieser Region?
Ist das so, ja? War mir gar nicht so bewusst. Klar, in Leipzig hast du sofort Matthias Tanzmann und Daniel Stefanik auf dem Schirm, überregional natürlich Marek Hemmann oder Mathias Kaden aus Thüringen. Aber ich glaube das ist jetzt gar nicht so regional bedingt, vielleicht ist die Luft im Osten aber einfach besser... (lacht).

Du veröffentlichst auf deinem Label immer noch alles auf Vinyl. Legst du darauf persönlich Wert oder ist es heutzutage wichtig auf Vinyl zu veröffentlichen um sich von der Flut an MP3-Tracks absetzen zu können?
Ich liebe Vinyl. Das ist schlicht der Grund, warum ich immer und immer wieder alles auf Vinyl veröffentlichen möchte. Obgleich es die eigenen Labels „Pimprinella“ und „Jeahmon!“ oder die eigenen Produktionen auf anderen Labels sind. Und natürlich ist es heutzutage als Label sehr wichtig, Vinyl zu pressen. Nicht zuletzt aus Prestigegründen, dem breiten Markt gegenüber.

Könntest du dir auch vorstellen irgendwann mal ohne Ableton, ausschließlich mit analogen Geräten aufzutreten? Würde dich diese Vorstellung reizen oder bist du über die technische Entwicklung dankbar?
Ich habe gut drei Jahre live mit Ableton, APC Controller und Korg Kaoss Pad gespielt. Allerdings musste ich mir irgendwann selber mal die Frage stellen: ist das überhaupt „live“, was du da machst? Kurze Zeit später habe ich einen DJ im Club gesehen, der 1:1 mit dem gleichen Equipment ein normales DJ-Set spielt. Von einem Live-Act erwarte ich als Gast schließlich auch, dass hinter dem Pult gearbeitet wird und nicht irgendwelche bunten Knöpfe der Reihe nach gedrückt werden. Deshalb habe ich den Entschluss getroffen, es sein zu lassen. Unsere Live-Sets heute bestehen aus einem normalen DJ-Set (CD & Vinyl) und dazu wird live gesungen und live Gitarre gespielt. Und das ist nicht nur live, sondern hat auch echte Konzert-Atmosphäre!

Wenn dir die elektronische Musik mal zum Hals raushängt, was hörst du dann für Sound?
Gar keine Musik. So kann ich am besten abspannen. Auch beim Zugfahren, Fliegen oder selbst beim Joggen brauche ich keine Musik. Da kann ich mal so richtig die Seele baumeln und den Gedanken freien Lauf lassen. Was aber nicht heißen soll, dass ich gar keine andere Musik höre, nein nein. Im Auto läuft auch immer mal das Radio :-)

Welchen Artist würdest du gerne einmal für ein Feature gewinnen?
Ich bin gerade sehr stolz, dass ich mit Noir jemanden an der Hand habe, der unbedingt ein paar Produktionen mit mir machen möchte. Ich bin ein großer Fan seiner Musik und auch von seinem Label. Damit ist quasi ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Jetzt im April kommt ein Mash-Up von ihm auf Noir Music raus und später dann noch ein Remix von mir und an einer Marc DePulse Solo-Single arbeite ich gerade.

Gab es in deiner Karriere so etwas wie den peinlichsten/skurrilsten Auftritt? Wenn ja, was passierte?
Es ist mir zum Glück lange nicht mehr passiert, aber der Moment an dem die Masse am Ausrasten und Schreien ist... und du die falsche Platte vom Teller nimmst... hahaha! Aber ich glaube so was sollte man immer cool und mit einem Lächeln nehmen, das bricht auch das Eis zum Publikum ;-)

Du bist schon lange dabei und hast viel erreicht. Wohin wird die zukünftige musikalische Reise gehen? Worauf freust du dich am meisten? Gibt es schon neue Ideen?
Das stimmt, ich hatte mir vor zehn Jahren gewünscht irgendwann in meinem Leben mal - eine - Platte rauszubringen. Von DJ-Gigs war da überhaupt keine Rede, geschweige denn in so vielen Ländern und Clubs spielen zu dürfen.
Das ist alles absolut großartig und ein riesen Privileg, so etwas erleben zu dürfen. Kurzfristig freue ich mich momentan natürlich auf jeden einzelnen Gig, der vor der Tür steht. Völlig egal wo. Und im Mai kommt auch unsere nächste Single „Nachtmensch“ (Jeahmon! Records) auf den Markt, die wird mit großer Freude erwartet! Mittelfristig freue ich mich natürlich auf unser erstes gemeinsames „Marc DePulse feat. Boe van Berg“-Album, was wir noch in diesem Jahr auf Ostwind veröffentlichen möchten und natürlich freue ich mich auf die kleine USA-Tournee, die ich mit meiner Agentur gerade plane. Ich bin nämlich noch nie über den „großen Teich“ geflogen und bin schon beim Gedanken daran etwas aufgeregt.

Abschließendes Statement?
Oh, es gibt eigentlich so viel zu sagen... so was wie: Freunde, nehmt keine Drogen! Kauft euch Musik und klaut sie nicht! Esst keinen gelben Schnee!
… :-) Nein, ich fass es kurz: wir würden uns riesig freuen, wenn ihr am 11. Mai alle zahlreich in der Jackson Pollock Bar erscheint. Ihr werdet es nicht bereuen, das verspreche ich euch!

Marc DePuls performt am 11. Mai in der Freiburger Jackson Pollock Bar.

www.marc-depulse.com

Deniz Binay