Interview: andhim

B-Seiten, Bartpflege und Badewannen

Die beiden Kölner Simon Haehnel und Tobias Müller alias andhim machen seit 2010 den elektronischen Musik-Zirkus unsicher. Hierbei fallen sie nicht nur durch ihre Sets und Produktionen auf, sondern auch durch maximale Lebensfreude, die sie stets recht ungeniert zur Schau stellen. Ihr Track „Hausch“ ging Ende 2013 durch die Clubdecken der Welt und wurde jüngst in neuen Remix-Gewändern als EP veröffentlicht. Bevor sie im Sommer beim Sea You Festival am Freiburger Tunisee spielen, haben sie uns schon mal ein paar Fragen beantwortet.

Hallo Jungs. Wie habt ihr denn euer Osterfest verbracht? Zu Hause mit der Familie oder on Tour?
Wir haben Eier auf Kinder geworfen. Ein Ritual, das wir jetzt seit mehreren Jahren pflegen. Es macht Spaß die kleinen Racker im elterlichen Garten zu überraschen und von der Hecke aus zu bombardieren.

Seid ihr überhaupt klassische Familientypen, oder seid ihr eure eigene Familie?
Familien kosten ja viel Geld. Da wir all unser Erspartes für teure Fabergé Eier ausgeben, bleibt leider nicht viel für andere. Häufig sitzen wir aber zusammen mit unseren Kindern, den Eiern, vor dem Kamin und lauschen dem Knistern der Flammen.

Okay, genug von Ostern und Familie. Eure Biografie verrät, dass eure Wurzeln - wie die vieler anderer Künstler der elektronischen Musikszene - im HipHop liegen. Was glaubt ihr, woran liegt es, dass so viele Künstler, vom HipHop kommend, bei TechHouse, Techno und Konsorten landen?
Weil vermutlich das alte HipHop Ohr schon immer sehr offen war für Musik jeglicher Art. Die meisten Beats im HipHop bedienen sich ja an Samples aus Funk, Blues, Jazz usw. Es geht sehr viel um Groove. Das ist bei House ja ähnlich. Nur, dass das Kopfnicken durch Arschwackeln ersetzt wird.

Inwieweit fließen diese ursprünglichen HipHop-Einflüsse heute noch in eure Produktionen und eure Sets ein?
Wir verwenden kaum, bzw. fast gar keine Synthesizer bei unseren Produktionen. So gut wie alles basiert auf Samples, die wir in unserer Plattensammlung (Achtung, HipHop-Sprache) „diggen“ und mit denen wir neue Sounds kreieren. Das ist, auf jeden Fall in der Zeit in der uns HipHop beeinflusst hat, die Art wie Produzenten ihre Beats produziert haben.
Wir versuchen dabei so respektvoll wie möglich mit dem Original umzugehen. Sprich, am Ende hört man fast nie von wem der Original-Sound stammt. Wir schneiden, pitchen und verfremden Sounds so sehr, dass sie eine neue Identität bekommen. Beim Auflegen hört man es musikalisch eher weniger. Dafür scratchen wir gerne. Tobias war ja mal DMC-Champion und Mitglied der Turntable Crew „Noisy Stylus“.

Laut einer weiteren Anekdote aus eurer Biografie habt ihr euch bei einem Würstchen-Ess-Wettbewerb in Bayern kennengelernt. Was hat es damit auf sich?
Es stimmt nicht und soll die Leute in die Irre führen. Tatsächlich haben wir uns beim Chat-Roulette kennengelernt und fanden uns auf Anhieb sympathisch.

Ihr gehört in der Techno-Szene ja generell eher nicht zu den ernsteren Zeitgenossen. Woran liegt das und seid ihr nicht auch der Meinung, dass die Techno-Szene mehr Spaß und Ironie vertragen könnte und sich nicht immer so ernst nehmen sollte?
In Köln sagt man „Jeder Jeck is anders“. So halten wir das auch. Wir sind ja einfach so wie wir sind und haben gerne Spaß. Viele Kollegen, die für Außenstehende „ernst“ rüber kommen, sind es dann meistens auch gar nicht. Es gibt da wenige, denen wir noch kein Lächeln entlocken konnten nachdem wir sie kennengelernt haben.

Anfang des Jahres wart ihr auf Tour in Nordamerika - wohl gemerkt nicht zum ersten Mal. Acht Gigs in 16 Tagen, einmal von Ost nach West quer durch die USA und Mexiko. Im März kamen dann zur WMC noch ein paar Gigs in Miami dazu. Was habt ihr neben den Auftritten und Partys an Eindrücken von dort mitgenommen? Oder war gar keine Zeit zum Sightseeing?
In den USA sind wir mittlerweile sehr oft. Fast alle zwei Monate flattern wir rüber, um dort zu spielen. Im Januar haben wir unsere vierte Tour gespielt und es war einfach großartig. Besonders Städte wie New York oder San Francisco haben einfach dieses unglaubliche Flair und machen unglaublich Spaß. Wir werden auch ab September unsere eigene Nacht in New York haben. Das ist schon eine große Sache.
Das Sightseeing läuft bei uns etwas anders. Wir versuchen stets den besten Burger der Stadt ausfindig zu machen. Momentaner Burgerliebling ist „Kuma's Corner“ in Chicago.

Neben den USA wart ihr auch schon in allerhand anderen weit entfernten Ländern unterwegs: Australien, China, El Salvador, Guatemala, Thailand oder auch Indonesien. Wo hat es euch bisher am besten gefallen? War ein Land dabei, wo ihr euch vorstellen könnten euren Lebensabend zu verbringen?
Ohje. Eine knifflige Frage. Es hört sich immer so anbiedernd an aber alle Länder sind toll. Wir haben einfach das große Glück diese ganzen Orte zu bereisen und dafür auch noch Geld zu bekommen. Es ist ein riesen Privileg und wir sind dafür sehr dankbar. Den Gedanken auszuwandern haben wir nicht. Wir sind beide absolute Deutschland-Fans. Auch ohne Strand vor der Haustür leben wir hier sehr gerne.

Wo wir gerade schon bei Auftritten sind: der Sommer kommt, die Festivalsaison startet wieder und jedes Jahr sprießen mehr Festivals aus dem Boden. Auch ihr seid wieder auf vielen dieser Events vertreten. Was macht für euch bei dieser Fülle an Angeboten ein gutes Festival aus?
Sehr viel Alkohol. Nackte Menschen. Dann wieder Alkohol. Deftiges Catering. Helikopter Landeplatz.

Kommen wir zu eurer Musik. Am 18. April ist auf Get Physical die von euch gemixte 14. Ausgabe der prestigeträchtigen Body Language Compilation-Serie erschienen. Vor euch wurde diese Ehre schon Künstlern wie M.A.N.D.Y., Dixon oder DJ Hell zuteil. Was macht die Compilation besonders für euch? Unter den Tracks befinden sich auch einige ältere Stücke. Gab es ein Konzept bei der Trackauswahl und Zusammenstellung?
Wir wollten es schaffen, dass man den Mix sowohl in der Badewanne, als auch zur Vorbereitung auf eine lange Party-Nacht hören kann. Wichtig dabei war uns auch, dass wir Künstler präsentieren, die wir selber sehr mögen und respektieren. Alles in Allem ist der Mix schon sehr musikalisch geworden und geht nicht so auf die zwölf wie manches Primetime-Set von uns. Aber das ist auch das spannende an so einem Mix.

Neben dieser Compilation ist Ende März eine EP mit Remixen eures Tracks „Hausch“ erschienen - ebenfalls auf Get Physical. Der Track war ursprünglich „nur“ eine B-Seite. Wie kam es, dass der Track, mit Remixen von Kölsch und George Morel, jetzt nochmal eine Sonderbehandlung bekam?
Wir denken eigentlich nie in A- und B-Seite. Jeder Song, den man in die Welt hinauslässt sollte eigentlich eine A-Seite sein. Nicht im Hinblick auf einen möglichen Hit aber mit der Leidenschaft und Mühe, die man ihm widmet. Der Spaß an dem Song und auch das Interesse der Leute nahmen nicht ab, so dass wir einfach ein paar Freunde gefragt haben, ob sie nicht einen Remix machen wollen. Und alle waren glücklicherweise sofort dabei.

Schauen wir von der Gegenwart in die Zukunft. Was können wir dieses Jahr sonst noch von euch erwarten?
Softporno. Mindestens drei Alben. Bartpflege Serie. Mehrere Weltrekorde.

 

www.andhim.de


andhim performen 20. Juli auf dem Sea You Festival am Freiburger Tunisee.

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