Kanye West / Yeezus

Universal / Rap / www.kanyewest.com

Man muss sich das vielleicht so vorstellen. Kanye West schnürt sich gerade seine Air Yeezys und sieht beim Rausgehen aus der Luxussuite irgendeines Edelhotels in irgendeiner Stadt der Welt, wahrscheinlich Paris, dass das Lichtchen am Mikrofon im improvisierten Studio vor der Glasfassade mit Blick auf die dunkle hell glitzernde Stadt noch leuchtet. Dann läuft Kanye West da halt hin, dreht den Beat, auf den er letzte Nacht auf dem Flug hierher noch dreißig Spuren draufgepackt hat, Richtung Volume 100 und kritzelt auf einen Zettel einzelne Worte. Wolf, Mond, König, Grab, Schlampe. Er steppt ans Mikro: „I'm aware I'm a wolf / soon as the moon hit / I'm aware I'm a king / back at the tomb, bitch.“ Eine neue Line, alles klar, läuft. Kanye West steigert sich rein, regt sich auf. Fühlt sich wie ein Gott. Nächster Songtitel parat: „I Am A God“, und überhaupt: Sex. Ficken. Und die Dreckspaparazzi. All das ist aber unwichtig: Rassismus ist das größte Thema. Kanye West hat zu allem etwas zu sagen, auf „Yeezus“ brüllt er es hinaus. Zeitsprung: Andere Stadt, anderes Hotelzimmer, die Deadline steht vor der Tür, der nächste Transatlantikflug hebt gleich ab. Zum Glück ist Rick Rubin da. Der bügelt die wütenden elektroiden Beats glatt, und Kanye schreibt bis zum letzten Moment noch Songs und rappt ein. Er muss weiter: Seine schwangere Frau Kim Kardashian braucht Aufmerksamkeit. Nochmaliger Zeitsprung: Kanye West ist Vater einer gesunden Tochter. Und hat gerade das wütendste Album seiner Karriere veröffentlicht. Gut möglich, dass es auch das Wichtigste ist. Die Zeit wird es zeigen. Und die braucht man auch, um „Yeezus“ nahe zu kommen. 5/6
DaWe

Daniel Weber